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Hamburg goes to Pakistan

Wie Hamburger Finanzbeamte zu einem Workshop nach Islamabad kamen.

Olaf Paulsen, Finanzbehörde Hamburg


Im Februar 2017, zwei Monate nach dem Besuch einer pakistanischen Delegation in Hamburg, bekam die Amtsleiterin der Steuerverwaltung, Angela Nottelmann, erneut Post von der GIZ, der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit. Das Feedback zu dem Besuch der pakistanischen Delegation in Hamburg (siehe Rosa Blatt Juni-Ausgabe) war gut. Die GIZ lud zum Gegenbesuch in Pakistan ein und schrieb, sie würde den Kolleginnen und Kollegen in Pakistan, die nicht in Hamburg dabei sein konnten, gern denselben Eindruck ermöglichen und weitere Gespräche führen.

Nach hausinterner Abstimmung gab es grünes Licht: „Gerade auf dem Sektor der Steuerverwaltung ist technische Entwicklungshilfe, d. h. Hilfe zur Selbsthilfe, ein wichtiges Thema, um andere Länder zu unterstützen. Wenn die Mitarbeiter/innen der hamburgischen Steuerverwaltung vor Ort einen Beitrag leisten können und wollen und dies mit einem vertretbaren Zeitaufwand möglich ist, dann sollten wir es tun!“ Mit Stefan Harmuth und Olaf Paulsen waren zwei Kollegen aus dem Umsatzsteuerreferat bereit, sich auf das „Abenteuer Pakistan“ einzulassen.

Die Vorbereitung

Nach der Terminfestlegung auf Anfang Mai begann ein „kleiner Organisationsmarathon“: Visa-Beantragung, „Rund-um-Impfpaket“, Überarbeitung der Dezember-Präsentation, Ausfüllen verschiedenster Unterlagen - „Ganz schön viel Papierkram; beim Ausfüllen der Fragebögen war mir doch ein wenig mulmig zu Mute“, gab Stefan Harmuth zu, „nach Lektüre des 48-seitigen ‚Risk Management Guide Pakistan‘ kam dann der Fragebogen mit dem wenig beruhigenden Titel ‘Personal Data Sheet for Emergency and Crisis Incidents‘“. Und da wurde dann auch noch nach „besonderen persönlichen Merkmalen“ und „drei Geheimfragen und deren Antworten“ gefragt, beides benötigt für den Fall einer Entführung…

…doch nach Rücksprache mit dem örtlichen GIZ-Projektleiter David Davidsson wurde schnell klar: Der Gegenbesuch würde nur in Islamabad stattfinden, der Hauptstadt Pakistans. Islamabad gilt als Standort diplomatischer Vertretungen und sämtlicher pakistanischer Ministerien als besonders sicher. „Pakistan beginnt zehn Kilometer von Islamabad entfernt“, beruhigte Davidsson: „Nach Islamabad könnt ihr ruhig fahren“ sagten auch Kollegen aus anderen Steuerverwaltungen, die bereits für die GIZ in Pakistan aktiv waren und ergänzten: „Süd-Sudan war da ein anderes Kaliber.“

 

Auf nach Pakistan

Na denn man to, sagten sich Harmuth und Paulsen, das wird schon gut gehen! Am Sonntagnachmittag des 7. Mai bestiegen die beiden in Fuhlsbüttel die Boeing 777-300. In knapp sechseinhalb Stunden ging es nach Dubai und von dort aus dann nochmal gut drei Stunden weiter nach Islamabad. „Morgens um 8.00 Uhr Ortszeit kamen wir am Montag in Islamabad an“, berichtete Olaf Paulsen. „Dort erwartete uns ein Fahrer, dessen Foto wir vorab per Mail schon geschickt bekommen hatten, das war sehr beruhigend.“ Bei 40 Grad Außentemperatur ging es sofort zum gut zweistündigen Sicherheitsbriefing einer speziell für die GIZ tätigen Sicherheitsgesellschaft, ehe dann gegen zwölf Uhr die GIZ-Zentrale in Islamabad aufgesucht wurde.

„Dort hatten wir die Gelegenheit, uns gleich mit dem GIZ-Projektteam über das Programm der folgenden Tage auszutauschen und konnten dazu ein leckeres Mittagessen mit gekühlten Getränken genießen - perfekt nach der anstrengenden Nacht und dem Vormittag“, freute sich Stefan Harmuth, der zusammen mit Paulsen auf ein internationales GIZ-Team traf: Ein Projektleiter aus Island, dessen Chef aus Österreich, drei Mitarbeiter aus Pakistan und eine Mitarbeiterin aus Ghana. Arbeitssprache hier und auch an allen folgenden Tagen war zum Glück nicht das heimische Urdu, sondern Englisch, das auch die zweite Amtssprache in Pakistan ist. Das „Finetuning“ für die folgenden drei Arbeitstage wurde besprochen, der Hamburger Vortrag wurde noch angepasst und gegen 17.00 Uhr erreichten Harmuth und Paulsen erschöpft ihr Hotel. Das Marriott-Hotel - laut Website „jetzt das sicherste Hotel in Pakistan“, das nach einem verheerenden Anschlag in 2008 nun massiv gesichert und geschützt ist. „Auf unserer Fahrt durch die Stadt hatten wir diverse Kontrollposten von Armee und Polizei passiert und auch beim Hotel wurde streng kontrolliert: Autocheck von unten und auch des Motorraumes, dicke Schutzmauern gut 20 Meter vom Hotel entfernt und dann wurden wir und unser Gepäck wie am Flughafen untersucht und durchleuchtet“, beschreibt Paulsen die örtlichen Sicherheitsmaßnahmen. „Wir hatten ein sehr gutes Gefühl von Sicherheit.“

Workshop Tag 1: „listen and understand“

Am Dienstag wurde es dann fachlich richtig ernst: Um 9.00 Uhr begann der Workshop, der unter dem Titel „Experience Exchange Seminar to Facilitate Interprovincial Collaboration for Revenue Generation“ stand. Workshop-Teilnehmer waren die Vertreter der vier Provinzen Pakistans, die im Jahr 2010 von der Zentralregierung die komplette Administrierung der Umsatzsteuer auf Dienstleistungen übertragen bekommen hatten. Dazu zählt nicht nur die Festsetzung und Erhebung dieser Umsatzsteuer, sondern auch eine relativ freie Befugnis zur Rechtsetzung!
Knapp 30 Personen nahmen an dem Workshop teil, „eine gute Anzahl, um in einen vertieften Austausch und Diskussionen zu kommen“, meinte David Davidsson, dessen GIZ-Team den Workshop initiiert und mit viel Hilfe aus der Deutschland-Zentrale durchgeführt hatte. „Es war das erste Mal überhaupt, dass die Vertreter aus allen Re-gionen zusammengekommen sind.“ Nach einführenden Worten und netter Begrüßung präsentierte jede Region ihren aktuellen Arbeitsstand und fachliche Schwerpunkte sowie die Erwartungen an den Workshop.

Die Aufgabe für die Hamburger an Tag 1 war einfach („Zuhören, verstehen, nachfragen“) und schwer zugleich (englische Sprache mit lokalen Aussprachebesonderheiten, eine fremde Arbeitsweise und Problemlage, unterschiedliches Fachverständnis von Begrifflichkeiten). Um 17.00 Uhr war zwar der offizielle Teil vorbei, „doch die Arbeit für uns leider noch nicht“, lachte Stefan Harmuth. „Wir hatten aus den Vorträgen und Problembeschreibungen noch einiges mitgenommen und wollten unsere Präsentation noch anpassen.“ Ein vermeintlich eindeutiger Begriff wie „reverse charge“ entpuppte sich nicht nur als Umkehrung der Steuerschuldnerschaft (so das deutsche Verständnis), sondern auch als Ausdrucksform für den Ort der Besteuerung (so z. T. das pakistanische Verständnis) - als wenn das Steuerrecht nicht so schon kompliziert genug ist…

Workshop Tag 2: „Showtime“

„Tomorrow, it‘s your showtime“, witzelte Davidsson noch am Abend, nicht ganz zu Unrecht. Der Mitt-woch wurde von „den Deutschen“ bestritten: Zunächst informierte die GIZ-Steuerexpertin Stefanie Rau-scher über die verschiedenen Ent-wicklungshilfeprojekte und Erfah-rungen der GIZ auf dem Steuerge-biet weltweit, dann waren Harmuth und Paulsen dran. „Common sys-tem of value added tax (VAT) in the European Union - Legislative pro-cedure and administrative cooperation” lau-tete das Thema. Auf “gut Deutsch”: „Ge-setzgebungs-und Verwaltungsprozesse bei der Mehrwertsteuer in der Europäischen Union”.
Von 10.30 Uhr bis 16.45 Uhr wurde mit den Kolleginnen und Kollegen diskutiert - zum Glück gab es eine ordentliche Mittagspause und eine „tea-time“. „Das war echtes Teamwork“, freute sich Paulsen, „Stefan Harmuth und ich teilten uns thematisch auf, konnten uns gegenseitig helfen und hatten mit den GIZ-Mitarbeitern Stefanie Rauscher und David Davidsson sowie seinem Team prima Mitstreiter.“ Auf diese Weise konnten nicht nur manche Zweifelsfragen geklärt werden. „Wir haben auch wichtige Punkte in einer überraschend offenen Art und Weise diskutiert“, ergänzte Harmuth, „und dabei auf Nachfragen der pakistanischen Kollegen versucht, Vorgehensweisen und Lösungswege aus unseren deutschen und europäi-schen Erfahrungen auf die pakistanischen Realitäten zu übertragen.“ „Ganz wichtig war uns dabei“, fährt Harmuth fort, „dass wir die Schwierigkeiten, die wir in unserem System haben, offen beschreiben.“ So war allen Beteiligten klar, dass auch die Europäer keine Patentlösungen für manche Probleme haben. „Wir konnten und wollten nicht die Probleme vor Ort lösen, das wäre unrealistisch und zudem anmaßend gewesen“, sagte Paulsen. „Aber wir wollten mit der Beschreibung unseres Systems auch einen anderen Blickwinkel darstellen und so ver-suchen, ein wenig Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten.“

Workshop Tag 3: Einzelgespräche

Das gelang, wie nicht nur die Zeitüberziehungen und die Diskussionen zeigten, sondern auch die Einzelgespräche mit jeder Delegation am Donnerstag. Da zudem auch das Feedback der pakistanischen Kollegen sowie der GIZ-Experten sehr freundlich war, waren Stefan Harmuth und Olaf Paulsen am späten Donnerstagnachmittag zufrieden: „Es waren drei, mit dem Montag eigentlich vier anstrengende Tage, doch es hat sich gelohnt. Wir haben nicht nur spannende pakistanische Probleme und interessante Kollegen kennengelernt. Wir haben auch gemerkt, wie gut wir es tatsächlich mit unseren europaweit festgelegten Grundregeln und unserem nationalen Umsatzsteuergesetz haben. Und wie relativ doch die Schwierigkeiten mit unserem Recht sind, wenn wir sie mit denen anderer Länder vergleichen.“

 

Das Finale mit ein wenig freier Zeit

Am Donnerstagabend stand ein tolles pakistanisches Essen in einem beeindrucken-den Restaurant in den nahe gelegenen Margalla-Hills mit Blick auf Islamabad an, am Freitag konnten beim Sightseeing in Islamabad beeindruckende Sehenswürdigkeiten wie die Faisal-Moschee (bietet bis zu 74.000 Gläubigen Platz) oder das Pakistan Monument besucht und noch einige span-nende Erfahrungen im Feilschen beim Ein-kaufen gesammelt werden.

Voll mit Eindrücken traten Harmuth und Paulsen am Samstag, den 13. Mai, ihren Heimflug an, der sie nach neuneinhalb Flugstunden via Dubai wieder nach Hause brachte. „Das war eine tolle Erfahrung und eine - im Nachhinein! - überraschend ent-spannte Angelegenheit“, meinte Stefan Harmuth. „Schade, dass außerhalb Islamabads die politischen Lage so heikel ist, sodass ein Besuch von Karachi oder Lahore oder der tollen Natur im Nordwesten nicht ungefährlich ist“, sagte Olaf Paulsen. „Sonst wäre ich da bestimmt mal als Tourist hinge-reist.“

Voll mit Eindrücken traten Harmuth und Paulsen am Samstag, den 13. Mai, ihren Heimflug an, der sie nach neuneinhalb Flugstunden via Dubai wieder nach Hause brachte. „Das war eine tolle Erfahrung und eine - im Nachhinein! - überraschend ent-spannte Angelegenheit“, meinte Stefan Harmuth. „Schade, dass außerhalb Isla-mabads die politischen Lage so heikel ist, sodass ein Besuch von Karachi oder Lahore oder der tollen Natur im Nordwesten nicht ungefährlich ist“, sagte Olaf Paulsen. „Sonst wäre ich da bestimmt mal als Tourist hinge-reist.“

Kategorie :  Öffentliche Finanzen   
Region :  Pakistan   

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